Bis Ende 2018 hatte ich in der mittlerweile leider eingestellten Zeitschrift Live-Strip.com – Das Magazin eine eigene Kolumne. Eine weitere feste Rubrik war dort über Jahre hinweg den unterschiedlichsten Mythen aus der Welt der Sexualität und der Erotik gewidmet. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags präsentiere ich daraus in meinem Blog in der Kategorie „Sex-Mythen“ in unregelmäßigen Abständen einige Highlights. Den Anfang macht diese Text aus der Ausgabe 4-2016.
„Flieg nicht ins Licht!“ Doch genauso wenig wie die Motte aus ihrem Chitin-Panzer kann, haben wir Männer eine Chance, wenn die Verlockungen überhand nehmen. Es gibt Frauen, die ziehen uns magisch an, obwohl wir ganz genau wissen, dass sie schlecht für uns sind. Wenn nicht gar tödlich. Und trotzdem verfallen wir Ihnen.
Mythos Femme Fatale
Von gnadenlosen Vamps und göttlichen Diven
„Ich kann allem widerstehen, außer der Versuchung.“ Dass der irische Schriftsteller Oscar Wilde an Frauen nur so mäßig interessiert war, hinderte ihn nicht daran, den Kern des Problems Femme Fatale messerscharf zu beschreiben. Vamps oder, um mit den Worten des großen John Keats, zu sprechen Les belles dames sans merci (Die schönen Frauen ohne Gnade) sind vermutlich einer der ältesten literarischen Topoi überhaupt. Vielleicht nur noch getoppt vom klassischen Helden und der Jungfrau in Nöten.
Schon die alten Babylonier kannten vor tausenden von Jahren die Geschichten von den gnadenlosen Verführerinnen, die nur Unglück über die Männer brachten; mal absichtlich, mal unabsichtlich. Beispiele gefällig? Für die schöne Helena von Troja zogen die Griechen gegen die Trojaner in den Kampf. Das Ergebnis, 10 Jahre Krieg, die vollständige Vernichtung der trojanischen Zivilisation, der Tod einer ganzen Generation von Kriegern. Der biblische Held Samson konnte von seiner geliebten Delilah nicht lassen, ihr Verrat brachte ihn genauso um wie sie selbst und ein paar hundert Philister obendrein. Oder etwas näher liegend, bevor Friedrich Nietzsche den Satz prägte „Gehst Du zum Weibe, vergiß die Peitsche nicht“, wurde er selber ordentlich durchgepeitscht. Seine große Liebe Lou Salome hielt den Denker hin, ließ sich umgarnen und brach ihm in bester Vamp-Tradition das Herz, als sie sich schließlich ausgerechnet Rainer Maria Rilke hingab.
Es geht natürlich auch noch viel dramatischer. Nehmen wir eine der Urgeschichten der Geschichte: Betört von ihrer Schönheit öffnet der griechische Held Epithemus[1] trotz mehrfacher Warnungen die Büchse der Pandora und bringt Tod und Verderben über die Menschheit. Oder ist es doch Eva, die ihren Adam und damit uns alle ins Verderben stürzt, weil sie sich auf das gefährliche Spiel mit der Schlange eingelassen hat? Sicher bleibt nur fest zu halten, dass alles Übel der Welt dank der Frauen über uns hereinbricht. Oder sind es doch die Männer, die schlicht nicht charakterstark genug sind, um dem Treiben Einhalt zu gebieten? Und was fasziniert die Männer so sehr an den verruchten Ladies? Und was macht sie aus? Begeben wir uns auf eine kleine Forschungsreise.
Wo genau der Begriff Femme Fatale herkommt, weiß man heute nicht mehr zu sagen. Zum ersten Mal im heutigen Sinne verwendet wurde der Ausdruck 1872 und eroberte schnell die moderne Medienwelt. So gibt es etliche Filme, die diesen Titel tragen, deren bekanntester wohl der von Brian de Palmas aus dem Jahr 2002 sein dürfte, mit der phantastischen Rebecca Romijn in der Hauptrolle. Doch im Laufe der Jahre hat die Figur einen Bedeutungswandel erfahren. Zunächst ist sie eine Frau mit einer besonderen Art der Schönheit, die rätselhaft und bedrohlich erscheint, aber immer anziehend. Sie ist mehr als nur verführerisch, sie hypnotisiert förmlich. Sie schafft es, dass ihr die Männerwelt zu Füßen liegt, doch ihre eigentliche Absicht ist es, die Männer zu zerstören.
Letztlich verkörpert sie das, was in der Psychoanalyse als Hysterie beschrieben wird. Im Hollywood der ersten Hälfte des 20. Jahrunderts ist dieser Typ Frau der absolute Hit, es ist die Zeit der großen Diven, der sogenannten Vampirellas oder später einfach nur Vamps. Sexy, unheimlich und gefährlich.
Eine echte Femme Fatale gilt als ein männerverschlingendes Ungeheuer. Trotzdem gibt es einen klaren Unterschied zwischen, sagen wir Rita Hayworth und Angela Merkel, wobei beiden schon das Attribut „männermordend“ zuerkannt wurde. Es kommt eben auch darauf an, wie die Frauen Männern das Leben schwer machen. Ihnen das vollste Vertrauen auszusprechen ist einfach nicht so sexy wie ein lasziver Blick, der das Blut zum Kochen bringt.
In neuerer Zeit wandelt sich das Bild der Femme Fatale, sie wird zum wichtigsten Zugpferd der Werbeindustrie. Die Frauen aus der Parfumwerbung oder in den Magnum-Kampagnen. Verführerische Schönheiten, stolz, kämpferisch unabhängig. Und wir Männer fallen nach wie vor reihenweise drauf rein und verzehren uns nach diesen unnahbaren Göttinnen – beziehungsweise als Ersatzbefriedigung das beworbene Eis. Aber warum eigentlich?
Männer sind Abenteurer, Jäger, die, die die Höhle verlassen. Frauen bleiben zu Hause. Entgegen der landläufigen Meinung sind es keine geschlechterspezifischen Unterschiede, die zu dieser Rollenverteilung geführt haben, sondern zunächst ganz praktische Überlegungen. Da man in der Steinzeit nicht wusste, dass Frauen vom Sex schwanger werden, war Verhütung praktisch unmöglich. Und während einer Schwangerschaft ist, gerade gegen Ende hin, einfach schlechter jagen. Deshalb nahm man auf die Jagd lieber Männer mit. Über die Jahrtausende haben sich aus dieser Verteilung dann tatsächliche physische Unterschiede der Geschlechter entwickelt. Männer sind tendenziell schneller und stärker, sie nehmen Bewegung leichter wahr, Frauen nehmen dafür Farbunterschiede und Geräusche schneller wahr. Das heißt aber auch, Männer haben Bock auf Herausforderungen. Klar, wer nie weiter als bis zum Waldrand laufen wollte, hatte es in vorgeschichtlicher Zeit vermutlich nicht besonders leicht.
Begreifen wir eine Femme Fatale also einfach als Herausforderung, wollen wir wissen, ob wir die Unbezähmbare unterkriegen oder ist es doch etwas anderes? Sehen wir uns das Objekt der Begierde noch einmal etwas genauer an.
Die klassische Femme Fatale sieht gut aus, ohne eine Sexbombe zu sein; ihre Erotik rührt mehr von ihrer Art her, als von ihrem Aussehen, aber sie weiß sie absolut gekonnt in Szene zu setzen. Sie ist selbstbewusst bis hin zur Unnahbarkeit. Und obwohl sie sich von Gönnern aushalten lässt, gibt sie sich absolut unabhängig. Sie macht es den Männern nicht einfach – sie will erobert werden. Und da sind wir wieder bei der Eroberung.
Denn ganz genauso wie die Nachbarwiese immer ein wenig grüner wirkt, als die eigene, neigen wir Menschen dazu, immer das haben zu wollen, was wir nicht haben. Wie triebmächtig dieser Gedanke ist, kann man auch ganz gut daran erkennen, dass sich von den zehn Geboten allein zwei nur auf dieses Phänomen beziehen (Du sollst nicht begehren und so weiter). Für diese Begierde, diese Lust auf die Jagd, ist die Femme Fatale das perfekte Jagdobjekt. Gerade umso schwieriger die Herausforderung ist, je unnahbarer die Frau ist, je mehr Freunde von einer Beziehung abraten, desto stärker zeigt sich der Jagdtrieb. Und wie alle Triebe ist auch dieser perfekt dafür geeignet, Vernunft und Nachdenken vollständig zu blockieren.
Und die Frauen? Sie genießen dieses Spiel. Denn wer wird nicht gerne umgarnt, gejagt, geliebt und eben auch ein bisschen gefürchtet. In jeder Frau steckt ein wenig Vamp und manchmal braucht es nur den richtigen Anlass oder Mann, um es aus ihr heraus zu kitzeln. Doch das Desaster ist da schnell vorprogrammiert. Es liegt in der Natur von uns Männern diesen Frauen nachzujagen und es liegt in der Natur der Sache, dass dies zum Scheitern verurteilt ist. Der Stoff eben für die großen Dramen des Lebens.
Doch nach tausenden Jahren haben wir endlich die perfekte Lösung gefunden, wie Männer auf die Jagd gehen können, ohne Gefahr zu gehen, daran zu zerbrechen. Bei uns finden Sie jederzeit tausende heißer Girls, vom schüchternen Mauerblümchen bis zum männerfressenden Vamp. So können Sie ganz einfach von zu Hause aus auf die Jagd nach genau der richtigen Frau gehen.
[1] Bruder des Prometheus – muss man nicht wissen